Das Organspendegesetz in Deutschland

Das Organspendegesetz in Deutschland

Grafik von drei Menschen und einer Waage die sich zum Organspendegesetz informieren

Was sieht das Gesetz vor?

Das Vor­gehen bei einer Organ- oder Gewebe­spende wird in verschiedenen Ländern unterschiedlich geregelt. Durch eine konkrete Gesetz­gebung für die Spende, Vermittlung und Transplantation von Organen sowie für die Rechte und Pflichten aller Beteiligten soll ein Missbrauch wie z. B. der Handel mit Organen verhindert werden. In Deutschland wurde dafür im Jahr 1997 das Transplantations­gesetz (TPG) für die Spende nach dem Tod (postmortal) und die Lebendorgan- bzw. Lebend­gewebespende verabschiedet. Das Gesetz wurde seither immer wieder aktualisiert und überarbeitet. Seit 2012 gilt in Deutschland die sogenannte Entscheidungs­lösung, die 2020 durch das Gesetz zur Stärkung der Entscheidungs­bereitschaft aktualisiert wurde.1

Das Gesetz besagt, dass Menschen regel­mäßig neutral und ergebnisoffen beraten und dazu ermutigt werden sollen, ihre persönliche Entscheidung zur Organ­spende zu treffen und diese über ihren Organspende­ausweis, im seit März 2024 verfügbaren Organspende-Register oder in einer Patienten­verfügung zu dokumentieren. Eine Verpflichtung zur Entscheidung gibt es jedoch nicht. Liegt im Todes­fall keine dokumentierte Entscheidung vor, können berechtigte Angehörige im mut­maßlichen Willen der verstorbenen Person entscheiden.2,3

Unterschiede der Gesetz­gebung in Europa

Erweiterte Zustimmungs­lösung

Deutschland ist das einzige Land in Europa, in dem die Entscheidungs­lösung besteht. In einigen europäischen Ländern, wie Irland, Dänemark, Griechenland oder der Schweiz, findet die sogenannte erweitere Zustimmungs­lösung Anwendung. Organe und Gewebe können dort nur entnommen werden, wenn zu Leb­zeiten eine Zustimmung der verstorbenen Person erfolgte. Der Zusatz „erweitert“ bedeutet, dass die nächsten Angehörigen oder Bevoll­mächtigten entscheiden dürfen, falls keine Dokumentation zur Entscheidung der verstorbenen Person vorliegt. Die erweiterte Zustimmungs­lösung respektiert somit ebenfalls die persönliche Entscheidungsfreiheit. Anders als bei der Entscheidungs­lösung, bei der jede*r Bürger*in in regel­mäßigen Abständen zur Organ­spende informiert und aktiv zur Organspende-Entscheidung auf­gefordert wird, kann bei der erweiterten Zustimmungs­lösung freiwillig eine Erklärung abgegeben werden, wenn gewünscht, ohne dass eine gezielte Aufforderung oder Aufklärung stattgefunden hätte. Eine reine Zustimmungs­lösung ohne Erweiterung gibt es in keinem europäischen Land.4

Wider­spruchslösung

In den meisten europäischen Ländern, wie Frankreich, Spanien, Portugal, Nieder­lande, Belgien, Polen und Österreich, gilt die sogenannte Wider­spruchslösung. Dabei ist jeder Mensch ein*e potenzielle*r Organ­spender*in, sofern nicht zu Leb­zeiten explizit widervsprochen wurde.4 In einigen Ländern besteht jedoch die Möglichkeit, dass berechtigte Angehörige einer Entvnahme noch wider­sprechen dürfen (z. B. Schweden, Norwegen, Estland, Finnland, Kroatien).5

Hinweis: Die Regelungen eines jeden Landes gelten in der Regel nicht nur für Staats­angehörige, sondern auch für Personen, die sich in dem entsprechenden Land aufhalten. Bei Reisen kann es sinnvoll sein, sich über die Regelungen des Reise­landes zu informieren und einen Organ­spendeausweis in der Landes­sprache mitzuführen. Im Ernst­fall kann dann die persönliche Entscheidung besser berücksichtigt werden.4

Regelungen zur Organ­entnahme

Organ­entnahme von Verstorbenen

Nach dem Tod kann ein Mensch nahezu alle seine Organe spenden und so einem oder mehreren Menschen die Möglichkeit auf ein Weiter­leben schenken. Für die Entnahme müssen in Deutschland zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens muss eine Zustimmung zur Organ­spende vorliegen und zweitens muss der Hirntod, also der irre­versible Ausfall aller Hirn­funktionen, durch zwei qualifizierte Personen gemäß den konkreten Richtlinien der Bundes­ärztekammer zweifels­frei fest­gestellt worden sein. Diese Hirntod­diagnostik kann einige Stunden bis Tage in Anspruch nehmen, da die Untersuchungen mit zeitlichem Abstand wiederholt werden müssen. Um eine erfolgreiche Transplantation zu gewährleisten, wird durch die künstliche Aufrecht­erhaltung des Herz-Kreislauf-Systems eine Durch­blutung der Organe bis zur Entnahme sicher­gestellt.6 Im Unterschied zu Organen ist das Zeit­fenster für eine Gewebe­spende etwas länger. So kann in Abhängigkeit der Gewebe­art eine Entnahme auch bis zu 72 Stunden nach Eintritt des Herz-Kreislauf-Stillstands erfolgen.7

Befragung der Angehörigen

Wird bei einer Person der Hirn­tod festgestellt oder steht dieser unmittelbar bevor und es liegt keine dokumentierte Entscheidung vor, wird mit den Angehörigen über eine mögliche Organ­spende gesprochen. Dabei werden die Angehörigen von Ärzt*innen und Ansprech­partner*innen der Deutschen Stiftung Organ­transplantation (DSO) unterstützt, den mut­maßlichen Willen der verstorbenen Person zu ermitteln. Nach einer Zustimmung wird die Entnahme der Organe medizinisch vorbereitet und durch­geführt. Auch nach der Organ­spende bietet die DSO Unterstützung und ermöglicht anonymen Kontakt zwischen Empfänger*innen und Angehörigen.8 Wie eine Organ­transplantation im Detail abläuft, erfahren Sie hier.

Lebend­spende

In Deutschland ist neben der Organspende nach dem Tod auch eine Lebend­spende möglich. Diese ist jedoch nur für bestimmte Organe, wie Nieren und Lebern, möglich und nur unter strengen Voraussetzungen erlaubt. So darf eine Lebend­spende nur dann erfolgen, wenn kein nach dem Tod entnommenes Organ zur Verfügung steht und Spender*in und Empfänger*in verwandt sind oder sich sehr nahe­stehen. Die Spende muss außerdem freiwillig und ohne finanzielle Gegen­leistung erfolgen. Zudem muss eine unabhängige Aufklärung und Beratung statt­finden, um die Entscheidungs­freiheit der spendenden Person zu gewährleisten. Die Prüfung dieser Voraussetzungen wird durch eine sogenannte Lebend­spendekommission, die aus medizinischem und psychologischem Fach­personal sowie einer Person mit Befähigung zum Richteramt besteht, durchgeführt.9 Mehr zum Thema Lebend­spende erfahren sie im Artikel „Voraussetzungen zur Lebend­spende“ .

Maßnahmen zur Qualitäts­sicherung

Die Sicherheit der Organ- und Gewebespende in Deutschland wird durch verschiedene Maßnahmen und Instanzen gewährleistet. Transplantations­zentren werden regel­mäßig kontrolliert, während eine Melde­stelle für Auffälligkeiten Hinweisen nachgeht und Verdachts­fälle intensiv prüft. Interdisziplinäre Transplantations­konferenzen sorgen dafür, dass gespendete Organe bestmöglich verwendet und verteilt werden. In den Kliniken überwachen Transplantations­beauftragte der DSO die Abläufe und informieren alle Beteiligten über die Organ­spende. Zudem schützen Verbote und Strafvorschriften vor Missbrauch.10 Zusätzlich sammelt das Transplantations­register Daten zur Qualitäts­sicherung und sorgt für mehr Transparenz im System.

Rolle der Transplantations­beauftragten

Aufgaben und Zuständig­keiten

Transplantations­beauftragte sind in den Entnahme­kliniken dafür zuständig, die Abläufe rund um die Organspende zu koordinieren und zu überwachen. Sie unterstützen das Klinik­personal bei der Erkennung möglicher Spender*innen, klären Angehörige auf und unterstützen sie bei allen Schritten. Darüber hinaus stellen sie sicher, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden und tragen so wesentlich zur Qualität und Transparenz im Organ­spendesystem bei.10

Neue legislative Initiativen und Diskussionen rund um die Organ­spende

Deutschland ist weit davon entfernt, dass der Bedarf an Organ­spenden durch die Anzahl an Spender*innen gedeckt wird. So warteten im Jahr 2024 insgesamt 14.548 Menschen auf ein lebens­rettendes Organ (umfasst Herz, Lunge, Niere, Leber, Pankreas). Demgegenüber standen 3.701 transplantierte Organe, was den gravierenden Organ­mangel in Deutschland deutlich macht.11

Aufgrund der zu geringen Zahl der Organspender*innen wird derzeit eine Änderung des Gesetzes zur Organ­spende zu einer Wider­spruchslösung  diskutiert.12 Damit soll erreicht werden, dass sich alle Menschen zumindest einmal im Leben mit dem Thema Organ­spende auseinandersetzen und eine persönliche Entscheidung treffen. Dabei muss die Entscheidung nicht begründet werden. Das Gesundheits­ministerium sowie Vertretungen der Ärzt*innenschaft unterstützen das Vorhaben, während Kritiker*innen rechtliche und ethische Bedenken äußern.13

Weitere Informationen und Ressourcen

Ob postmortale Organ­spende oder Lebend­spende: Für Menschen, die auf eine Transplantation warten, sind beide Formen der Organspende ein unschätzbares Geschenk. Sie warten auf ein Organ oder bereiten sich auf eine Transplantation vor? In unseren kostenlosen Broschüren zur Leber- und Nierentransplantation finden Sie alles Wichtige rund um Abläufe, rechtliche Grundlagen und Unterstützungs­angebote.

Sie möchten detailliertes Wissen zu Ihrem neuen Leben nach der Transplantation, z.B. zur richtigen Ernährung, Infektionsschutz oder Kinderwunsch erhalten? In unseren Informationsbroschüren erfahren Sie alles, was Sie wissen müssen:

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Fazit

In Deutschland ist die Organ­spende streng durch das Transplantations­gesetz (TPG) geregelt. Es unterscheidet zwischen Lebend­spende und post­mortaler Spende und legt klare Abläufe und Kontrollen fest, um Sicherheit und Transparenz zu gewähr­leisten. Da eine Organ­spende Leben retten kann, ist es wichtig, sich mindestens einmal im Leben mit dem Thema auseinander­zusetzen und eine persönliche Entscheidung zu treffen.

FAQ

Nein. In Deutschland gilt aktuell die Entscheidungslösung: Eine Organspende ist nur zulässig, wenn die Person zu Lebzeiten ausdrücklich zugestimmt hat, beispielsweise durch einen Organspendeausweis oder eine Eintragung im Organspenderegister. Liegt keine Zustimmung vor, können die Angehörigen im Sinne des mutmaßlichen Willens der verstorbenen Person entscheiden.2,3

Derzeit wird die Änderung des Organspendegesetzes hin zur Widerspruchslösung diskutiert. Ein konkreter Termin für die Entscheidung steht jedoch noch nicht fest.

In Deutschland gilt seit 2012 die Entscheidungslösung: Eine Organ- oder Gewebeentnahme ist nur zulässig, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten zugestimmt hat und diese Entscheidung im Organspendeausweis, Organspenderegister oder einer Patientenverfügung dokumentiert hat, oder die Angehörigen im Sinne der verstorbenen Person zustimmen.1
  1. Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). 2025. https://www.organspende-info.de/gesetzliche-grundlagen/gesetze-und-richtlinien/ (zuletzt abgerufen am 10.07.2025).

  2. Bundesgesetzblatt. 2020. https://www.organspende-info.de/fileadmin/Organspende/01_Informieren/06_Gesetze_und_Richtlinien/03_Gesetze_und_Richtlinien/BZgA_Website_Organspende_Bundesgesetzblatt_2020_Gesetz_Staerkung_Entscheidungsbereitschaft.pdf (zuletzt abgerufen am 10.07.2025).

  3. Justiz Bd. 1997. https://www.organspende-info.de/fileadmin/Organspende/01_Informieren/06_Gesetze_und_Richtlinien/03_Gesetze_und_Richtlinien/BZgA_Website_Organspende_Transplantationsgesetz_TPG.pdf (zuletzt abgerufen am 10.07.2025).

  4. Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). 2025. https://www.organspende-info.de/gesetzliche-grundlagen/entscheidungsloesung/#:~:text=Am%2016.,zu%20spenden%2C%20regelm%C3%A4%C3%9Figer%20erfragt%20wird (zuletzt abgerufen am 10.07.2025).

  5. Bundeszentrale für gesundheitliche Bildung. 2019. https://www.bpb.de/themen/medien-journalismus/netzdebatte/285361/organspenderegelungen-in-europa/ (zuletzt abgerufen am 16.07.2025).

  6. Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). 2025. https://www.organspende-info.de/organspende/hirntod/hirntoddiagnostik/ (zuletzt abgerufen am 10.07.2025).

  7. Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). 2025. https://www.organspende-info.de/organspende/voraussetzungen/ (zuletzt abgerufen am 10.07.2025).

  8. BARMER. 2025. https://www.barmer.de/gesundheit-verstehen/medizin/organspende/informationen-fuer-angehoerige-1126160 (zuletzt abgerufen am 12.07.2025).

  9. Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). 2025. https://www.organspende-info.de/lebendorganspende/ (zuletzt abgerufen am 12.07.2025).

  10. Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG). 2025. https://www.organspende-info.de/gesetzliche-grundlagen/kontrolle-und-transparenz/ (zuletzt abgerufen am 31.07.2025)

  11. Deutsche Stiftung Organtransplantation. 2024. https://dso.de/SiteCollectionDocuments/DSO-Jahresbericht%202024.pdf (zuletzt abgerufen am 16.07.2025).

  12. Deutscher Bundestag. 2024. https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2024/kw49-de-transplantationsgesetz-1032682 (zuletzt abgerufen am 11.07.2025).

  13. Die Zeit. 2023. https://www.zeit.de/gesundheit/2023-11/organspenden-widerspruchsloesung-bundeslaender-initiative-transplantationen?utm_source=chatgpt.com (zuletzt abgerufen am 12.07.2025).

     

     

     

     

     

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